SOLLEN ES BÄUME RICHTEN?


von Christoph Keller

 

In Basel ist offenbar in diesem heissen Sommer eine Baumeuphorie ausgebrochen. Hunderte, ja tausende Bäume sollen neu gepflanzt werden, damit das Stadtklima gerettet werden kann. Die Frage ist nur – kann es mit Bäumen gerettet werden?


Hundert Bäume pro Jahr sollen neu gepflanzt werden, gab Regierungsrätin Esther Keller bekannt, fünfhundert Bäume pro Jahr fordern Salome Bessenich und Tonya Zürcher in der neu lancierten «Baumchallenge» von «bajour», gar tausend pro Jahr sollen es sein, gab Raffaela Hanauer von den Grünen bekannt.
    Bäume gegen die Klimaerhitzung – dieses Rezept findet sich nicht nur im neu erarbeiteten Stadtklimakonzept, es ist auch ein wichtiger Bestandteil der «Stadtklima-Initiativen» und der «Charta für ein zukunftsfähiges Wettstein-Quartier». Bäume spenden Schatten, Bäume kühlen das Stadtklima, Bäume verhindern letztlich Todesfälle durch Hitze, Bäume sind letztlich unverzichtbar für ein Stadtklima der Zukunft.
    Und so erstaunt es nicht, dass selbst Politiker ganz rechts der Meinung sind, es brauche mehr Bäume.
    Allerdings brauchen Bäume auch Platz.
    Und darüber spricht zurzeit niemand wirklich in der Stadt, denn es ist nicht abzusehen, dass mehr Bäume dort gepflanzt werden, wo bereits Bäume stehen, also in Parks und in den wenigen, bereits bestehenden Alleen; und es ist nicht abzusehen, dass Bäume auf Trottoirs und befahrenen Strassen zu stehen kommen – Bäume kommen dorthin zu stehen, wo heute Autos stehen.
    Parkplätze, die für Bäume aufgehoben werden – die Diskussionen, die darüber entstehen werden, egal ob es sich um hundert pro Jahr handelt oder um tausend, lassen sich heute schon voraussagen. Sie fanden statt entlang der Wettsteinallee und führten zu einem miesen, unschönen Kompromiss, sie wurden andernorts in der Stadt bereits geführt; und jedes Mal ging es um die Verteidigung des Privilegs, wenig genutzte, nicht wirklich notwendige, überdimensionierte Fahrzeuge auf öffentlichem Grund abstellen zu dürfen.
    Die Debatten, die sich hier anbahnen, gehen letztlich um die eminent politische Frage, wem die Allmend eigentlich gehören sollen: den Autobesitzer*innen oder den Bäumen. Oder etwas zugespitzt formuliert: denjenigen, die mit ihrem Mobilitätsverhalten zur Erhitzung des Klimas beitragen, oder den Bäumen, die zur Milderung der Klimafolgen führen.
    Angesichts des vergangenen Sommers, mit Temperaturen von 42 Grad in Basel, sollte diese Frage eigentlich längst entschieden sein. Aber es fehlt in der Regierung dieser Stadt nach wie vor eine Persönlichkeit, die hinsteht und sagt, man müsse sich entscheiden zwischen einer Zukunft, in der wir überleben können, oder einem «So-weiter-wie-bis-anhin», das uns direkt ins Verderben führt.
    Tausende Bäume pro Jahr, so ist zu erwarten, wird es nicht geben ohne Druck. Nicht ohne den Druck der «Klimagerechtigkeitsinitiative Basel 2030», über die wir in diesem Herbst abstimmen und die fordert, dass die Stadt Basel bis im Jahr 2030 klimaneutral werden soll.
    Damit sie das wird, braucht es dann allerdings mehr als tausend neu gepflanzte Bäume.